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Der Traum des Fußballers José
von Rheinische Post
10.06.06     A+ | a-
„Nie haben wir so viel von Fußball gehört und gesehen wie bei dieser letzten Reise nach Paraguay“, beginnt Hermann Schmitz von der Kempener Pro Paraguay Initiative das Gespräch mit der RP.

Ständig wurden er und seine Frau Ute nach der „Mundial“, wie die WM auf spanisch abgekürzt wird, gefragt. 6 Millionen Paraguayer werden ihre „albirrojas“, die weißrote Nationalmannschaft, am heimatlichen Bildschirm anfeuern, nur ganz wenige ihrer Landsleute sind hier live dabei.

„Um den Einsatz ihres geliebten Roque Santa Cruz beim Spiel am Samstag gegen England wird ähnlich gebangt wie bei uns um Ballack. Santa Cruz ist Paraguays Ballack“, so Schmitz.

Der Bayernstürmer stammt aus der Provinzhauptstadt Pilar im Süden Paraguays, wo die PPI seit Jahren Gesundheits- und Schulprojekte unterhält. Sein Geburtshaus liegt ein paar Straßen von „Solidaridad“, den Partnern der PPI in Pilar, entfernt.

„Roque ist auch in seiner Heimatstadt sehr beliebt, wegen seiner Bescheidenheit, aber auch weil er großzügig ist. Seine Eltern, aber nicht nur sie, würden ihn wohl gern öfter sehen.“

Als Traum-Endspiel tauchte in den Gesprächen rund um die „Mundial“ naturgemäß eine der wohl allerunwahrscheinlichsten Varianten auf, nämlich Deutschland – Paraguay. „Die Frage nach unserem Wunschergebnis haben wir diplomatisch offen gelassen, den Sieg würden wir dem einen wie dem anderen gönnen, so unsere Standardantwort“, erzählt Ute Schmitz.

Genau wie in anderen südamerikanischen Ländern, wie z. B. beim großen Nachbarn Brasilien, ist auch in Paraguay
Fußball  nicht nur die Sportart, welche auch die Armen allerorts und ohne Aufwand betreiben können, sondern oft auch mit der Hoffnung auf ein besseres Leben verbunden.

„Überall auf dem Land spielen Heerscharen von Kindern mit Bällen, die man bei uns nicht mal als ´Gurken´ bezeichnen würde, oft sind das nur  halbwegs runde Stoffballen. Der Leidenschaft, aber auch der Kunstfertigkeit tut das allerdings keinen Abbruch.“

Auch der 15jährige José Reiss aus der Kleinstadt Horqueta im Norden Paraguays träumt den Traum von der Fußballkarriere. Von Kindesbeinen an war der Ball sein ständiger Begleiter, schon mit 13 ist er der Star in seiner Stadt. Sein außergewöhnliches Talent fiel dem Trainer eines paraguayischen Erstliga – Vereins auf, und seit Beginn des Jahres spielt José im renommierten „Club 2 de Mayo“, gerade sogar schon zum Spielführer ernannt. Sicher auch wegen seines starken Charakters und weil er mit seinen 15 Jahren viel erwachsener wirkt.

„José ist eher zurückhaltend und bescheiden, ist sich aber seiner ungewöhnlichen Begabung bewusst und dazu enorm fleißig und zielstrebig. Er weiß, dass auch ein Roque Santa Cruz schon mit 15 in einer Erstliga – Mannschaft in Paraguay spielte“, so beschreibt Schmitz den neuen Star vom „Club 2. Mai“.













Seine Mutter Cristina leitet eine Grundschule in Horqueta, arbeitet den ganzen Tag für ein halbes Gehalt, ca. 130 Euro, und bringt damit die fünfköpfige Familie irgendwie durch. Wir haben als PPI im letzten Jahr eine Bibliothek für ihre Schule finanziert. Sein Vater Juan Reiss, deutschstämmig, wie der Name verrät, hat keine Arbeit, obwohl er ein begnadeter Holzschnitzer ist, der kostenlose Kurse für Jugendliche in seiner Werkstatt durchführt. Lange haben die Eltern überlegt, ob sie ihren José an den Fußball und an die 500 km entfernte Hauptstadt Asunción abgeben. Dazu kam die fast unlösbare Frage nach den Kosten der Ausbildung“, berichtet Ute Schmitz.

Wie so oft in Paraguay, kommt José bei Verwandten unter, den Weg zu seiner 4 km entfernten neuen Schule macht er jeden Nachmittag zu Fuß, um die 25 Cents Fahrtkosten zu sparen. Morgens um 7 Uhr fängt das Training auf einem der vielen Plätze der Armee, der „Caballería 1“, an  -  jeden Tag, José spielt bereits in der Ersten  Mannschaft.

Schmitz hatte José zuletzt als Dreizehnjährigen gesehen und war damals schon beeindruckt von seiner Ruhe und Festigkeit. Wie würde es José in der Hauptstadt gehen? Er war eher skeptisch, jetzt will er  die Lebensumstände des Jungen genauer kennen lernen und hat ihn beim Training begleitet, ihn in seiner Schule und seinem neuen Zuhause besucht.

Und stellt fest: Seine Sorgen lösen sich weitgehend auf! Das Ausbildungskonzept  ist durchdacht, Trainer und Vereinspräsident machen einen guten Eindruck ,beide sehen eine vielversprechende fußballerische Zukunft für José. Schulisch läuft alles bestens, José ist bliebt  -  nicht nur bei den Mädchen und nicht nur wegen seiner Fußballkunst. Das Zimmer bei der Tante ist verdammt eng, aber José ist ohnehin meist draußen.

Ungelöst bleibt allerdings die Frage, wer in den nächsten 2 bis 3 Jahren die Kosten von José´s Ausbildung übernimmt.

„Talent reichlich vorhanden, Mittel nur äußerst ärmlich. 75 bis 100 Euro im Monat würden in Paraguay ausreichen, um José seinem Traum näher zu bringen, wir als PPI sind da aber draußen. Wir fördern im Rahmen unserer Projekte ja Hunderte von Kindern und Jugendlichen, Einzelförderung passt da nicht rein“, sagt Schmitz fast mit Bedauern. „ José ist einer von so vielen, sicher, so ist es ja immer, aber gerade ihm würden wir es sehr wünschen. Vielleicht finden wir ja einen Sponsor.“

Um 7 Uhr morgens wird José am Samstag das Spiel England - Paraguay live vorm Bildschirm erleben, zusammen mit seinen Schul- und Sportkameraden.

Beim Abschied hatte er Hermann Schmitz gefragt: „Können wir nicht telefonieren nach dem Spiel England – Paraguay? Der meint zum Abschluss des Gesprächs:

„Ich habe José gesagt, dass es bei uns in Kempen inzwischen bestimmt  eine Reihe von Menschen gibt, die Paraguay viel Erfolg wünschen. Das hat ihn außerordentlich gefreut. Und natürlich  werde ich José am Samstag anrufen, es wird mein erstes Telefongespräch sein, bei dem es um Fußball geht“.                                                                                              

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